Zwölfter Bericht
Projekt Kindergarten
Hallo ihr Lieben! Hier melde ich mich wieder aus meinem Paradies Costa Rica und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, wie aus einem Traum gerissen zu werden. Und zwar weil es nun ans Rückflüge buchen geht, zurück nach Deutschland. Versteht mich nicht falsch, ich freue mich unglaublich, meine Familie und meine ganzen Freunde wieder zu sehen und vor allem freue ich mich, euch live zu erzählen, wie es mir hier erging und euch die tolle Kultur auch etwas näher zu bringen! Aber irgendwie habe ich mich hier mittlerweile so eingelebt und mehr oder weniger mein Leben aufgebaut, dass es für mich sich anfühlt, als ob ich aus diesem Leben gerissen werde.
Achso, aber erstmal allgemein: für die, die es nicht wissen oder wussten, ich war jetzt die letzten 3 Wochen wieder in San José und habe mein nächstes Freiwilligenprojekt in einem Kindergarten gemacht. Natürlich habe ich dabei wieder bei meiner Gastfamilie gelebt. Nachdem ich in Puerto Viejo fast wieder das „Verlangen“ nach einer Familie hatte, habe ich mich unglaublich gefreut, wieder in meine Gastfamilie zu kommen. Versteht mich nicht falsch, ich habe es in Puerto Viejo unglaublich genossen, aber nach einiger Zeit „alleinigem Herumreisen“, hatte ich wieder den Wunsch nach einer festen Familie, wo man weiß, wo man hingehört und immer jemand zuhause ist, der sich freut, wenn ich durch die Tür komme. Und genau das hatte ich wieder als ich zu meiner Gastfamilie zurückkehrte. Außerdem scheint es fast, als ob wir uns bei jedem Mal, wenn ich zurückkehre, noch besser verstehe und ich noch enger in die Familie einwachse. So eng, dass ich schon einmal als „Trostspender“ bei meiner Gastmutter diente! Sie hatte (gefühlt) alle ihre Sorgen bei mir vom Leib geredet, so dass zum Schluss wir beide heulend und umarmend dasaßen. Erstens macht es mich unglaublich glücklich oder zufrieden, wenn ich anderen Menschen helfen kann und sie sich einfach mal bei mir ausreden können, zweitens ist mir da noch mal bewusst geworden, dass es hier ja doch eine andere Welt ist und mehrere Menschen doch eher etwas knapp bei Kasse sind und es nicht so einfach haben wie die Mehrzahl in Deutschland. Aber mich fasziniert, dass man es ihnen meist nicht so ansieht und so lange es irgendwie geht, leben sie glücklich und denken, es geht ja noch schlimmer.
Am 17.4. hatte meine Gastmutter Geburtstag, den wir natürlich wieder mit Familie und Freunden gefeiert hatten!
Letztens kam ich von meinem Projekt und saß im Bus und habe in einem Supermarkt, die lächelnde Kassiererin gesehen, die fröhlichen Passanten auf der Straße und beobachtet, wie unser Busfahrer einen in Eile gewesenen Herren einfach schon zwischen 2 Busstationen einsteigen lassen hat. Zufrieden aber etwas geschafft von der Arbeit hatte ich im Bus meinen Gedanken freien Lauf gelassen und sie einfach schweifen lassen. Kurz danach erwischte ich mich dabei, wie ich mir mein Leben vorstellte, wenn ich einfach hierbleiben würde. Ich würde richtig anfangen zu arbeiten und Geld verdienen um meiner Gastfamilie unter die Arme zu greifen, würde dann zum Wintersemester hier in San José anfangen an der Universität von Costa Rica Geografie zu studieren und danach in Richtung Entwicklungshilfe gehen. Abgesehen davon, dass es wahrscheinlich schwer wird von Costa Rica aus Entwicklungshilfe zu betreiben, da es ja selbst noch ein Entwicklungsland ist, war das ja auch nur eine Wunschvorstellung. 😉 Dass hier eigentlich immer gute Laune herrscht und wenig gesellschaftlicher Druck, sondern man soll einfach das machen, was einen glücklich macht, hat mich zum Träumen angeregt. Irgendwie selbst überrascht von diesem Tagtraum hatte ich den meiner Gastfamilie und meinem guten Freund Max erzählt. Der, auch ganz begeistert von der Vorstellung, hatte mir einige Tage darauf eine Führung durch die UCR (Universität de Costa Rica) gegeben, die übrigens zu den besten von ganz Lateinamerika gehört. Ich war wirklich begeistert, denn abgesehen davon, dass die Gebäude echt chic und modern sind, hat sie auch ein tolles Konzept. Alle insgesamt 30.000 Studenten (an den insgesamt 4 Standorten) studieren kostenlos, verpflichten sich aber dann zu insgesamt 300 Stunden Sozialarbeit, die dem Land helfen. Im Beispiel Max, der Geografie studiert und seinen Master in Katastrophenvorwarnung und -hilfe anstrebt, fuhr mit Experten letzten Oktober, bei dem schlimmen Sturm, in das Gebiet in dem der Sturm hauptsächlich wütete und nahm Messungen und wertete sie aus. Dieses Prinzip hilft nicht nur dem Land, welches ja immer noch etwas auf Hilfe angewiesen ist und sich weiter entwickeln muss, sondern ist auch gleichzeitig eine tolle praktische Erfahrung und Anwendung für den Studenten. Vielleicht fragt ihr euch trotzdem, wie das alles finanztechnisch zu realisieren ist, wenn alle Studenten kostenlos studieren, Antwort ist: Costa Rica hatte schon 1949 die Armee abgeschafft und investiert diese Gelder seitdem in Gesundheit und Bildung. Somit fließen mindestens 8% des BIP jedes Jahr in die Bildung. Fleißig erzählend und zuhörend schlenderten Max und ich somit durch die Gänge. Einmal trafen wir auf einen Erdkundeprofessor, dem wir erzählten ich sei eine Geografie Studentin und interessiere mich für ein Auslandssemester in Costa Rica 😊. Im nächsten Gang, wo ich immer fleißig neugierig durch die Fenster in den Türen schaute, sahen wir meine Gastschwester in einer Vorlesung sitzen, der wir beide dann fleißig zu winkten als wir sie sahen. Lachend hatte sie sich dann herausgeschlichen und uns begrüßt und sich offensichtlich sehr über den überraschenden Besuch gefreut, ist dann aber natürlich schnell wieder in den Unterricht gegangen, bevor wir uns am Ende ihrer Vorlesung wieder getroffen hatten um zusammen nach Hause zu fahren.
Aber apropos Uni… ich bin ja leider immer noch so am Überlegen, was ich letztendlich studieren sollte. Ob es bei BWL bleibt oder ich nicht doch umschwanke zu Geografie. Ich muss sagen, dass was in Geografie gelehrt wird, interessiert mich selbst so unglaublich und hätte Lust es zu lernen. Außerdem war ich schon damals in der 6. Klasse in der Grundschule, als ich mir zum ersten Mal die Frage stellte, was der Sinn des Lebens sei und wieso wir auf der Welt sind, der Meinung, dass jeder Mensch die Aufgabe hat, in seinem Sinne die Welt zu einem besseren Ort für alle zumachen. Aufgrund dessen fühle ich mich mehr oder weniger verpflichtet Entwicklungshilfe zu betreiben. Jedoch bin ich immer noch unsicher, ob ich nicht doch eher in die Richtung Wirtschaft gehen sollte und dann vielleicht nebenberuflich oder in meiner Freizeit versuche, anderen Menschen zu helfen. Das positive wäre, wenn ich BWL studiere, dass ich mich noch nicht hundertprozentig festlegen muss, in welche Richtung ich letztendlich gehe. Mit einem BWL-Grundstudium kann man auch in die Entwicklungszusammenarbeit gehen, es gestaltet sich jedoch schwieriger mit einem Geografiestudium in der Wirtschaft einzusteigen 😉😊. Für mich habe ich beschlossen mich an mehreren Unis für BWL sowie für Geografie zu bewerben und dann letztendlich mich, für mich das beste Angebot, zu entscheiden.Tia meine lieben, so liegt irgendwie immer etwas an, was mich im Kopf beschäftigt und nachdenken lässt. Erstmal genieße ich aber auch sehr meine letzten Monate hier in Costa Rica, die nach einigen Planänderungen wohl auch nur zum Genießen einladen. (Neuigkeiten sind in meiner Projektübersicht im Part „Über mich“ aufgelistet 😉)
Unteranderem habe ich beschlossen für ein oder zwei Wochen noch einmal in den Kindergarten, wo ich im Moment bin, zurück zu kehren, da es mir so unglaublich gut gefallen hat. Nicht nur weil alle anderen Erzieher und die Kinder so unglaublich lieb sind und ich mich mit denen so gut verstehe, auch weil ich sehr unterstütze wie in dem Kindergarten schon von klein auf an den Kindern gelehrt wird, die Natur und Umwelt zu schützen. Dieser Kindergarten ist ein eher kleinerer in einem ziemlich guten Viertel in San José. Geleitet wird er von „Teacher Olga“, einer unglaublich lieben Tica, die sich sehr engagiert für viele Projekte einsetzt. Zum Beispiel auch, dass die Kinder mehrsprachig aufwachsen. So sprechen wir zum Beispiel ab und zu Englisch mit den Kindern und mindestens einmal die Woche gibt es Französischunterricht auf (natürlich) eher einfachem Niveau. Außerdem machen wir relativ häufig Projekttage in denen meistens etwas über Völkerverständigung oder Umwelt gelehrt wird. Zum Beispiel am „Tag der indigenen Völker“ haben wir spielerisch und mit Videomaterial gelehrt und gezeigt, wie die indigenen Völker leben (Von denen es übrigens noch 7 in Costa Rica gibt). Später hatten dann alle ihr „Ureinwohner-Gesicht“ gebastelt. Am Tag „Planet Erde“ haben wir mit ähnlichen Aktivitäten darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig es ist die Umwelt zu schützen und dass WIR die neue Generation sind, die etwas ändern müssen! Was mich außerdem erfreut ist, dass hier im Kindergarten Recycling selbstverständlich ist und Plastik mehr oder weniger verboten ist. Auch dass nicht verschwenderisch mit dem Wasser umgegangen werden darf, ist den meisten Kindern schon bewusst.
die immer fröhliche Teacher Olga!
Ansonsten genieße ich es einfach unglaublich mit den Kindern zu arbeiten. Das hatte mir ja schon so viel Spaß in der Grundschule in Puerto Viejo gebracht und nach einem kurzen Schock, dass diese Kinder ja noch mal eine Nummer kleiner sind, macht es mir auch sehr viel Spaß, mit denen zusammen zu arbeiten. Und vor allem ist es manchmal so einfach! 😉😊 Zum Beispiel wenn es zum Essen geht und die Kinder gerade nicht essen wollen: wenn ich in normaler Stimmenlage zum Essen rufe, kommt keiner, wenn ich aber selbst überglücklich Bescheid sage: Juhuu jetzt gibt es Essen! Dann kommen alle und meine Fröhlichkeit überträgt sich auf die Kinder! Das alles macht mir so Spaß mit den kleinen Kindern zu arbeiten, dass ich es echt genieße!
Maríangel (5) wünscht sich eine bessere Welt für alle und will insbesondere die Ozeane sauber halten. Sara (6) will, dass alle Menschen fröhlich sind
und wünscht sich, dass keine Bäume mehr abgeholzt werden. Krishelb (5) und Sophie (4) wollen insbesondere auf die Mülltrennung achten. Etienne (6) wünscht sich einen Schutzring um die Erde … „und Santiago (2), wie möchtest du die Welt verbessern?“ „Ahhh tschia tschiiiaahh“ 😉 …tia das Sprechen muss halt erst gelernt werden! 😉
...und zusammen lernen wir, wie wir die Umwelt schützen können. Ganz nach dem Motto: Die Welt gehört uns allen und wir müssen sie zusammen beschützen!
…und wieder zurück zu meinen Überlegungen wegen meiner späteren Laufbahn: einmal kam mir eine Traumidee später in Entwicklungsländern Schulen aufzubauen. Einerseits hätte ich Kontakt zu kleinen Kindern, andererseits könnte ich helfen und vor allem in das, meiner Meinung nach wichtigste, zu investieren und zwar Bildung!
Tja, so wird mich diese Frage mit meinem späteren Werdegang wohl noch einige Zeit verfolgen, bis ich mich dann wirklich entschlossen habe. Bis dahin genieße ich jetzt aber erst mal die Zeit hier in Costa Rica, die ich noch habe und verabschiede mich damit wieder und wünsche euch alle Gute nach Deutschland. Die liebsten Grüße!