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4. Bericht

Kaum zu glauben, dass ich schon 2 Monate hier bin! Ich erschrecke mich immer wieder, wie viel ich doch mittlerweile von den Unterhaltungen verstehe und stelle fest, dass ich schon so viel erlebt habe, kann mich aber immer noch genauso gut an den Abschied aus Deutschland erinnern!

Aber ich fang erst einmal wieder etwas weiter hinten an zu erzählen… und zwar aus der Woche, wo die Qualifikationen für die Fußballweltmeisterschaft waren. Da spielten nämlich auch Costa Rica und Mexiko. Und das ist ungefähr wie Deutschland und Italien. Nur noch aufregender! Da fiebert nämlich das ganze Land mit! Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das dann zur WM wird! An solchen Ereignissen merkt man, dass der Nationalstolz in Costa Rica schon größer ist als der deutsche. Schon 2 Stunden vor dem Spiel wurden die Costa Rica Flaggen am Auto angebracht und der sowieso schon laute und viel hupende Straßenverkehr wurde um 180% gesteigert. Die erste Halbzeit hatte ich mit meiner Freundin Greta in unserer Mall geguckt, da es relativ spät war, sind wir zur 2. Halbzeit nach Hause gegangen. Dort habe ich mich erst einmal erschrocken, dass unser Haus wieder voll von Freunden war, die mit uns das Spiel guckten. Als in den letzten 5 Minuten zum Glück noch von Costa Rica das Ausgleichstor viel, wurde es in unserem kleinen Wohnzimmer ganz schön laut! Aber nicht nur da, man hörte die Nachbarn schreien und jedes Auto auf der Straße hupte in Dauerschleife! Wie gut, dass noch das Ausgleichstor viel, ich will mir nicht ausmalen, was sonst passierte!

Der nächste Tag war Mittwoch meiner 2. Schulwoche und ich startete ihn ganz normal. Als ich in der Schule ankam, hieß es, wir machen einen Schulausflug. Ich kam mit meiner Schuluniform dort an und war sehr verwundert, wieso ich die einzige in Uniform war. Irgendwann hatte ich in meinem gebrochenen Spanisch verstanden, das an dem Tag und den nächsten beiden ein Sozialprojekt anstand. Immer mehr Schulen verpflichten nämlich ihre Schüler zu Sozialstunden, da auch wenn es dem Land für lateinamerikanische Verhältnisse sehr gut geht, gibt es immer noch viel zu tun.

Wir waren in einem Kinderheim, welches hauptsächlich von Freiwilligen aufgebaut wird. Also waren da natürlich nicht nur wir, sondern einige andere Freiwillige, die, ähnlich wie ich in meinem 2. Halbjahr, ihre Freiwilligenarbeit absolvieren. Unter anderem ein blonder Student aus Österreich. Blond kommt ja bei den Ticas sowie so immer gut an. Als der Student mich dann auf Deutsch ansprach und wir uns kurz auf Deutsch unterhielten, merkte ich förmlich, wie ich mit fragenden Blicken durchleuchtet wurde. Als unser Gespräch zu Ende war, musste ich nicht lange warten, bis die ganzen Mädchen auf mich zu rannten wie Hunde die sich um ein Ball stürzten und mich ausfragten, was er denn erzählt hatten. Dass die Ticas so gossip, also klatschtrantig waren, brachte mich auch erst einmal zu einem zweiminütigen Lachanfall bis ich meinen Freundinnen antworten konnte.

Die nächsten 2 Tage war ich zum Glück vorbereitet und passend gekleidet und da konnte ich auch richtig mitarbeiten. Wir haben gefühlt 100 Geschenke eingepackt, hatten Essen besorgt und bereiteten damit den Kindern einen wunderschönen Tag vor und malten Reifen an, um diese als Blumentöpfe zu nutzen und zu einem Blumenbeet oder eine Art Steingarten zusammen zu stellen.

Für die Helfer gab es zum Schluss auch noch Essen!

Nicht nur das Sozialprojekt, mir sind in den letzten Wochen immer mehr Unterschiede zwischen deutschen und costa-ricanischen Schulen aufgefallen. Zum Beispiel, dass man hier in der Pause nicht das Schulgelände verlassen darf. Das braucht man aber auch nicht, da in Fußnähe sowieso kein Bäcker oder ähnliches zu erreichen ist, aber weil es auch allesmögliche in der Cafeteria zu kaufen gibt. Von Keksen und anderen Süßigkeiten über Empanadas, Quesadilla (mit Käse und Tomaten gefüllte Tortillas) und kleinen Pizzastücken bis hin zu einem warmen Tagesgericht gibt es eine sehr große Auswahl. Aber so viel wird von den Schülern auch gar nicht angenommen, weil sie alle von ihren Müttern eine kleine Essenstasche mit einer Tupperschale in dem ein Gericht ist, eingesteckt bekommen, welches sie dann in den unzähligen Mikrowellen, die auch in der Cafeteria stehen, warm machen.

Weiterhin ist meiner Meinung nach unsere Schule deutlich elektronisierter und digitaler als die Deutschen. Zum Beispiel gibt es rollbare Schränke, in denen kleine Laptops untergebracht sind, um allen Schülern während einem Rechercheauftrag den Zugang zu einem Computer zu ermöglichen. Außerdem werden die Handys deutlich besser integriert. In der Schule sind Handys nicht verboten, was ich sinnvoll finde, müssen aber während des Unterrichts in kleine einzelne Handytaschen, die neben der Tafel geordnet angebracht wurden, getan werden, solange sie nicht zum Beispiel zum Lesen von der e-Version von Büchern gebraucht werden. Außerdem haben nahezu alle Schulen einen schuleigenen Internetcampus, in der Hausaufgaben jeder Klasse in jedem Fach zu finden sind und einige Hilfsmittel oder wichtige Ankündigungen. Außerdem enthält der Campus das Klassenbuch mit Anwesenheitsliste und allem drum und dran und einer Liste für Plus- und Minuspunkte für jeden Schüler.

Was ich außerdem sehr gut finde, ist das Fach World History. Einerseits weil es auf Englisch ist und das sehr gut ist, um das gelernte Englisch auch direkt praktizieren zu können, andererseits weil man ein Bild für die weltweiten Konflikte bekommt, weil man den Hintergrund vieler Konflikte lernt. Leider ist auch wohl hier dieses Fach nur auf den bilingualen Schulen auf Englisch, was ich schade finde, da Englisch einfach immer wichtiger wird für uns in einer globalen Welt. Da man in Deutschland ja sowieso wieder am Überlegen ist, wie man den Sozialwissenschaftenteil ändert, würde ich vorschlagen, dieses Fach mindestens ansatzweise hineinzunehmen.

Ansonsten ist die Schule aber eher entspannter als in Deutschland. Zum Beispiel hatten wir letztens in Englisch eine „Relaxtime“ gemacht. Wir sollten uns alle auf den harten Boden legen, was den Ticos aber egal war, sie benutzen sich gegenseitig als Kopfkissen, unsere Lehrerin machte von Youtube irgendeine Meditationsmusik an und drehte die voll auf! Also für meine Verhältnisse war das eher zu laut, aber da alle sowieso durch das frühe Aufstehen sehr müde sind, fällt das nahezu keinem so schwer einzuschlafen und so schlief einer nach dem anderen ein, solange, bis die Lehrerin irgendwann die Musik wieder langsam ausdrehte. … Ja, also daran merkt man, dass die Schulen nicht ganz so streng sind wie in Deutschland. Genauso, wie sich auch im Unterricht durch den ganzen Klassenraum unterhalten wird und die Lehrer es nicht stört, wenn einige Schüler einfach mitten im Unterricht den Raum verlassen oder sich einfach Freundinnen aus den Parallelklassen in unseren Unterricht setzen. Vielleicht liegt es daran, dass nicht so ein starker Druck wie in Deutschland aufgebaut wird. Wenn ich meine echte Schwester in der 10. Klasse in Deutschland schon wieder stöhnen höre, wie viele Hausaufgaben die aufbekommen hat, fällt mir auf, dass wir hier selten Hausaufgaben bekommen. Die Arbeiten sind auch deutlich leichter und bestehen meist aus Multiple Choice Tests. Man macht hier auch deutlich mehr Ausflüge als in Deutschland, die nicht unbedingt in erster Linie mit „in einem Fach etwas Neues lernen“ zu tun hat, sondern man mehr sozial gebildet werden soll.

Außerdem haben meine deutsche Freundin Laura aus der Sprachschule und ich auch eine Theorie für das kindlichere Verhalten der Ticos aufgestellt. Die wachsen hier nämlich unter anderem wegen dem etwas unsichererem Pflaster deutlich behüteter auf. Zum Beispiel, dass sie mit dem Schulbus von Tür zu Tür gefahren werden oder insgesamt die Familie immer deutlich näher zusammen ist, zum Beispiel wohnen bei uns die Großeltern nur ein paar Häuser weiter und die Schwester meiner Mutter wohnt in der Parallelstraße und wenn wir etwas vergessen haben einzukaufen, heißt es dann mal eben: geh mal zu meiner Mutter und frag, ob die das haben! Somit haben wir das Gefühl, dass einige erst spät Verantwortung übernehmen müssen.

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Am 15. September war der Unabhängigkeitstag. In der Schule hatten wir diesen wichtigen Tag vorgefeiert, da der 15.9. natürlich frei war. In der Schule hatten wir dann am 14.9. eine große Aufführung, die von der Nationalhymne und einer Rede des Direktors eingeleitet wurde. Dann folgte eine Erzählung auf lustige Art und Weise gemacht, die mit Gesang und Theater begleitet wurde, wie es damals war, als man von der Unabhängigkeit erfahren hatte. Dazu gibt es nämlich auch eine Anekdote. Der Hauptsitz der spanischen Kolonie war in Guatemala und bis der Reiter, der die frohe Botschaft 1821 überbringen sollte in San José ankam und sich durch die wunderschöne und unberührte Natur Costa Ricas schlug, vergingen fast 3 Wochen und die Costa-Ricaner erfuhren es erst deutlich später. Naja, nach dieser Erzählung folgte dann ein

Am Freitag den 15.9. bin ich mit meiner Schwester und ihrem besten Freund zu einigen Paraden gegangen. Da waren wir natürlich passend gekleidet in der traditionellen Kleidung, die aus einer Jeans, einem weißen Oberteil und einem roten oder blauen Halstuch bestand. (Es gibt auch noch Trachten, die ich so schön finde und aus einem großen weiten Rock besteht, der sich besonders gut zum Tanzen eignet, aber die besitzen natürlich nicht alle) Die Paraden wurden von allen Schulen veranstaltet wurde, wo alle eine kleine Gruppe, Tänzer oder Bands geschickt hatten und es zusammen eine riesige Parade ergab. Erst waren wir bei einer etwas Kleineren von unserem Stadtviertel und sind danach zu einer Größeren gefahren. Dort spielte auch das Orchester meiner Gastcousine. Das hat mir mit am besten gefallen, da die auch relativ moderne Stücke gespielt hatten und es sich abwechselte zwischen strickten Trommelschlag und einem Ohne-die-Mimik-verziehendem Marschieren und dem Stücke spielen, wo alle auf einmal dann aufwachten und voller Freude musizierten und dazu tanzten… während dem Musizieren! Ich würde sagen, in der Hinsicht haben sie uns schon wieder an die Wand gespielt! Danach sind wir mit unserer Cousine nach Hause gefahren und haben alle zusammen bei den Großeltern gegrillt und den Abend super nett mit Freunden ausklingen lassen.

Fahnenlauf und ein Tanz, an dem man auch wieder den schon erwähnten Nationalstolz spürte. Anschließend spielten Kinder unserer Grundschule, die neben unserem Gebäude ihr Gebäude haben, einige Rhythmusstücke auf. Ich hatte ja in Deutschland in unserem Schulorchester gespielt und als wir den Mambo von Westside Story spielten und teils mit dem Rhythmus kämpften, meinte unser Dirigent schon: „In Lateinamerika spielen uns schon die kleinen Kinder an die Wand!“ Damals haben wir das alle als Scherz genommen, aber da hatte ich gemerkt, wie sicher die in Rhythmen sind! Da war ich echt beeindruckt! Ja… abschließend wurde noch die Schulhymne gespielt und danach endete auch unser Tag.

Am Mittwoch hatten wir wieder einen besonderen Tag in der Schule. (Wo wir keine Schuluniform brauchten und ich das leider schon wieder nicht mitbekommen hatte… Tia so ist das, wenn man kein Spanisch spricht und nicht die ganze Zeit im Unterricht aufpasst… Aber Anfang dieser Woche, wo wir wieder einen Ausflug hatten um uns über Universitäten informieren zu können, hatte ich das übrigens mitbekommen! Da war ich auch ganz stolz drauf!) An dem erwähnten Mittwoch waren wir aber in der Schule und alle 10. Klässler mussten ihre Projekte vorstellen. Diese Projekte waren 3-tägige Praktika, die den Tag in der Turnhalle sehr professionell vorgestellt werden mussten. Aber nicht nur einfach Vorstellen, sie sollten sich wie auf einer Messe einen kleinen Stand aufbauen und sehr professionell ihr Projekt vorstellen und vermarkten. Die Schüler haben sich echt viel Mühe gegeben, Kekse gebacken, Bonbons verteilt oder mit Playmobil ihr Projekt veranschaulicht. Wie zum Beispiel 3 angehende Ingenieure, die einen Spielzeug-Kran auf ihrem Tisch stehen hatten. Eine Präsentation und Plakate mit Bildern folgten natürlich von allen. Und es war wirklich alles dabei an Berufen von Ärzten aller Art über Psychologen und Rechtsanwälte bis hin zu Fotografen oder Architekten. Ich bin mit einer Lehrerin herumgegangen und hab mir alle Vorträge angehört und war echt begeistert, wie die ihren Beruf präsentiert und fast dafür geworben hatten.

An diesem Wochenende (23.- 24.9) hatten wir unseren nächsten Ausflug mit CAS. Dieser führte zum Vulkan Arenal. Von dem war ich wirklich so begeistert, dass wir alle am liebsten länger dortgeblieben wären! Da war dann auch Anna, eine Au-pair´lerin dabei, die auch schon etwas älter ist und mit ihr und Greta wurde für mich der Ausflug gleich noch schöner! Außerdem hatten wir ein super schönes Hotel in einer superschönen Landschaft. Ich bin Sonntagmorgen aufgewacht, hab die Tür unserer kleinen aber sehr schön eingerichteten Hütte geöffnet, bin auf unsere kleine Terrasse getreten, habe mich von der Morgensonne bei angenehmen 23°C wärmen lassen und habe dem Rauschen des Flusses, der sich später zum Wasserfall entwickelte und dem Zwitschern der Vögel zugehört. Hinter dem kleinen Regenwald durch den sich der Fluss schlängelt, erstreckte sich der noch leicht rauchende Vulkan. Das alles wurde durch leuchtende aber auch zarte grüne und blaue Farben abgerundet. Wenn ich das so beschreibe, bekomm ich wieder richtig Sehnsucht dahin zu gehen… diese Stimmung kann man eigentlich gar nicht in Worte fassen!

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Naja Samstag sind wir auf jeden Fall erst einmal durch den Regenwald zu den Lavafeldern gelaufen und standen dann so dicht wie man durfte auf der getrockneten Lava vor dem Vulkan. Abends sind wir dann zu Thermalquellen gefahren und konnten noch nach dem Abendessen dort in den durch die Erdwärme beheizten Bädern noch einmal baden. Sonntag ging es mit einer kleinen Wanderung auf einem zum Glück gut ausgebauten Weg herunter zum Wasserfall, wo wir auch baden konnten und außerdem zum Beispiel einen kleinen Tukan gesehen hatten. Dort war meine Kamera natürlich immer dabei um auch schön den Touri heraushängen zu lassen! Aber immerhin sind schöne Bilder entstanden, also es hat sich ja gelohnt!

So jetzt bin ich auch schon fast am Ende meines Berichts, der dieses Mal wieder ganz schön lang geworden ist! Eigentlich wollte ich den schon direkt nach dem Wochenende verfassen, aber da Greta und ich uns jetzt in einer Tanzschule angemeldet hatten und wir 2 Mal die Woche Tanzkurse haben, kam ich erst jetzt dazu. Morgen hat meine Schwester Sofía Geburtstag. Da bin ich gespannt, wie hier der Geburtstag gefeiert wird. Auf jeden Fall wurden schon viele Freunde eingeladen und ich frage mich, wie die alle in unser Haus passen sollen! Aber da lass ich mich überraschen und berichte in meinem nächsten Bericht davon und lebe erst mal weiter in meinem neuen Rhythmus, der leider aus frühem Aufstehen aber auch zur Schule gehen, fröhlichen Menschen um mich herum, meinen Tanzstunden, neuem Essen, in dem immer wieder Reis zu finden ist und immer wieder mal ein Stück unglaublich frisches Obst, welches ich mir dann gönne, besteht!

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Bis dahin, alles erdenklich Gute aus Costa Rica!

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